Freitag, 14. September 2012

Michel Dufranne u.a.: Rosawinkel (Jacoby & Stuart, 2012)

1. Der Comic "Rosawinkel" von Michel Dufranne, Milorad Vicanovic und Christian Lerolle zeigt auf authentische Art und Weise mal eine andere Seite vom Nazi-Deutschland. Denn nicht nur die Juden wurden verfolgt.

Es geht um das Leben des jungen Andreas, ab dem Jahr 1932. Damals ist er Werbezeichner und homosexuell. Er geht mit seinen Freunden immer wieder in Bars. Dort reden sie unter anderem über politische Themen, aber noch glaubt keiner, dass Hitler an die Macht kommt.
Als dieser dann aber an die Macht kommt, haben sie auch erstmal kein Problem damit, Hitler ist ja scheinbar nur gegen die Juden. Das einzige Problem ist nur der Paragraph 175, nach welchem sie Staatsfeinde sind und welchen die Nazis erstmals wieder beachten.
Später kommt Andreas auch noch ins KZ. Er überlebt, aber er zählt nicht als Opfer, weil er ja nach dem Strafgesetzbuch immer noch ein Krimineller ist. . .

Am Anfang muss man sich in diesen Comic zwar erst ein bisschen einlesen, aber dann wird er richtig gut. Und man lernt wirklich mal andere Seiten dieser schlimmen Zeit kennen, die auch in der Schule ein bisschen vernachlässigt werden. Der "offene" Schluss regt außerdem noch mal zum Nachdenken an.

Empfehlen würde ich diesen Comic ab 10 Jahren, da er diese Zeit sehr einfach und durch die Bilder auch anschaulich erklärt. (TH9)

2. Das Buch gehört zu der gerade aktuellen Buchform der „Graphic Novels“. Es skizziert die Ereignisse des stärker werdenden Nationalsozialismusses und da besonders aus der Perspektive homosexueller junger Männer. Ein Verdienst dieses Buches ist sicherlich, diesen vergleichsweise wenig  beachteten Aspekt im Nationalsozialismus näher zu beleuchten. Visuell gut unterstützt wird die fotschreitende Bedrohung durch den zunehmenden Verzicht auf Farben – bunt wird zu Sepia und schließlich endet alles in Grau- und Schwarztönen.

Dennoch hat mir dieses Buch nicht gefallen. Mir scheint, dass die heute gewohnte relative Freizügigkeit durch Wort und Bild auf einen geschichtlichen Abschnitt übertragen wurde, in dem dieses Thema doch eher noch zu den Tabuthemen in der Öffentlichkeit gehörte. Zum Zweiten vermute ich, dass die Übersetzung nicht gelungen ist, denn die sprachlichen Beiträge sind eher schwach, missverständlich oder teilweise auch gar nicht nachzuvollziehen. Außerdem denke ich, wird man diesem sensiblenThema eher gerecht, wenn dem leser überlassen wird, was er genau sich vorstellen möchte. Und dem widerspricht eben das Medium Bild. Ich fühlte mich als Leser zu stark beeinflusst.

Empfehlen würde ich dies Buch jemandem über 14 Jahre, der die breite Palette der Literatur zu diesemTheme kennenlernen möchte, aber sicher ist es erst dann interessant, wenn man vergleichbare Werke bereits gelesen hat. (UP13)